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Aufreger: Arbeitgeber wollen Einsicht in Krankenakten ihrer Angestellten

Ist das die Zukunft oder ein absolutes No Go? Einsicht in die Krankenakten der Angestellten und negative Konsequenzen bei Weigerung sind scheinbar gang und gäbe bei der Modekette Primark. In mindestens zwei Fällen soll man von krankgeschriebenen Mitarbeitern Einsicht in deren Krankenakten verlangt haben. Die Gewerkschaft Verdi gibt sich entsetzt, das Unternehmen verteidigt sein Vorgehen.

Laut einem Bericht des Regionalportals inRLP.de verlangte Primark von einem Mitarbeiter Einsicht in seine Krankenakten der letzten zwölf Monate. Dieser weigerte sich, woraufhin ihm der Arbeitgeber das Gehalt kürzeste. Kann das tatsächlich rechts sein? Primark verweist in einem Schreiben, das inRLP.de vorliegt, auf häufige Krankmeldungen des betroffenen Mitarbeiters im Zeitraum eines Jahres. Zuletzt sollen es mehrere Wochen im Februar gewesen sein. Deswegen hege man den Verdacht, dass es sich um dieselbe Krankheit handelt. Das wäre dann eine sogenannte Fortsetzungskrankheit, für die der Arbeitgeber nach sechs Wochen keine Entgeltfortzahlung mehr leisten muss. Daher sei der Einblick in die Akten gerechtfertigt.

Zwar liegt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, diese sei aber nicht ausreichend. Primark sieht deshalb den Mitarbeiter in der Pflicht, zu beweisen, dass es sich um eine neue Erkrankung handelt. Man verlange die “Krankheitsursachen (Diagnosen) für sämtliche Erkrankungen für die letzten zwölf Monate”.

Der betroffene Mitarbeiter will sich das allerdings nicht gefallen lassen. Er wandte sich bereits an die Gewerkschaft Verdi, gemeinsam plant man eine Klage vor dem Arbeitsgericht. „Das Arbeitsgericht soll der Firma Primark mal auf die Finger hauen”, sagt Stefan Prinz von Verdi Pfalz im Gespräch mit inRLP.de und ergänzt: „Die Rechtsauffassung von Primark ist hanebüchen.” Man habe Primark in einem ersten Schritt aufgefordert, den nicht ausbezahlten Lohn in Höhe von 1600 Euro brutto an den Mitarbeiter auszuzahlen. 

Jurist stellt klar: Akteneinsicht nicht rechtens
Rechtsanwalt Henning Linnenberg von der Kanzlei Mutschke sieht die Thematik klar und sagte gegenüber rtl.de: „Nein, der Arbeitgeber hat nicht das Recht, Einsicht in die Patientenakte eines Arbeitnehmers zu verlangen. Arbeitgeber haben grundsätzlich kein Recht darauf zu erfahren, an welcher Art von Erkrankung ihr Arbeitnehmer leidet.“ Die Kürzung des Gehalts sei damit ebenso wenig rechtmäßig.

Was Primark aber sehr wohl hat, ist ein Auskunftsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer, ob es sich um eine so genannte Fortsetzungskrankheit oder um eine andere Krankheit handelt. „Auch hier kann der Arbeitgeber aber keine Auskunft über die konkrete Art der Krankheit verlangen.“ Vermutet man, dass der Mitarbeiter nicht die Wahrheit sagt, könne der Arbeitgeber die Krankenkasse darum ersuchen, den Medizinischen Dienst einzuschalten.

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  • bei manchen Arbeitnehmern wäre es zugunsten seiner Kollegen/innen angebracht, dass der Arbeitgeber Einsicht in die Krankenakte fordert. Es müssen viel zu viele ArbeitnehmerInnen solche "kränkelnde Kollegen" ertragen und deren Arbeit zusätzlich übernehmen - ist das fair - sollte man mal die Gewerkschaft fragen.

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Martin Beier